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  Haarballen
 

Haarballen

auch Trichobezoar genannt
(Fremdkörper aus einem Knäuel verschluckter Haare)

 




Durchschnittlich 3,5 Stunden verbringt eine Katze täglich mit der Fellpflege. Sie nimmt mit ihrer drahtbürstenähnlichen Zunge massenweise Haare auf, die im Magen durch die Verdauungssekrete nicht aufgelöst werden. Im Normalfall passieren sie Magen und Darm und werden mit dem Kot ausgeschieden.

Einzelne Haare können auch an der Magenwand haften und zusammen klumpen. Durch die Peristaltik (Bewegungen der Magenmuskulatur) werden die Klumpen gefilzt. Es entstehen zylinderförmige Rollen.

Haarballen, die länger im Magen liegen, können mineralisieren.


Ursachen der Haarballenbildung

  • übermäßige Aufnahme von Haaren bei der täglichen Körperpflege
  • übermäßige Aufnahme durch gesteigerte Körperpflege wegen juckenden Hauterkrankungen, Flohbefall, psychischer Probleme (Leckalopezie)
  • Störungen der gastrointestinalen Motilität (Bewegungsaktitvität von Magen und/oder Darm) durch Erkrankungen, Futterunverträglichkeit oder chronische Schmerzen
  • möglicherweise die fehlende Peristaltik (Muskelbewegungen) des Magens während der interdigestiven Phase (Nüchternphase). In dieser Zeit wird vor allem unverdaute Nahrung in den Darm entleert. Beim Menschen beginnen die Kontraktionen (Zusammenziehen) im Magen und setzen sich im Dünndarm fort. Die starken Kontraktionen finden wir bei der Katze zwar im Dünndarm, im Magen jedoch fehlen sie. Man vermutet, dass der Mangel der wellförmigen Bewegungen die Haarballenbildung begünstigt. Studien, die dies belegen, fehlen bisher. 

Folgen, wenn Haarballen nicht mit dem Kot ausgeschieden werden:

  • Erbrechen des Haarballens
  • teilweise Obstruktion (Verengung) oder Verschluss von Magen oder Darm
  • Verengung der Speiseröhre, wenn der Haarballen nicht ausgewürgt werden kann (selten)
  • Erbrechen des Haarballens in den Nasen-Rachenraum (selten)
 

Mögliche Symptome bei Haarballenbildung:

  • Würgen und/oder Husten
  • Erbrechen von Nahrung/oder Schleim mit/ohne Haarballen
  • harter Stuhl, geringfügiger Kotabsatz
  • Verstopfung, Durchfall
  • Gewichtsverlust
  • stumpfes Fell
  • Lethargie






Erbrechen von Haarballen - normal oder krankhaft?

 

Zum Thema Haarballen von Katzen mangelt es an Studien.
Die englische Tierärztin Martha Cannon BA VetMB DSAM (fel) erhob  für ihren Fachbeitrag "Hair ball in cats nuisance or a sign that something is wrong?" selbst einige Daten.






Umfrage 1 bei Tierärzten und Tierkliniken zur Häufigkeit des Erbrechens von Haarballen bei 48 gesunden Katzen

kein Erbrechen   35 (73%)                     
einnmaliges Erbrechen im Jahr     8 (17%)
zwei- oder mehrmaliges Erbrechen im Jahr     5 (10%)
 

Umfrage 2 bei 87 Katzenhaltern zur Häufigkeit des Erbrechens von Haarballen; getrennt nach Kurzhaarkatzen (87) und Langhaarkatzen (38)

  Kurzhaarkatze Langhaarkatze
kein Erbrechen 37/87 (43%)  9/38 (24%)
einmaliges Erbrechen im Jahr 27/87 (31%)  8/38 (21%)
zweimaliges oder mehrmaliges Erbrechen im Jahr 23/87 (26 21/38 (55%)
 

Nach diesen Daten wäre häufiges Erbrechen von Haarballen meist nicht der Normalfall.

Erbricht eine Katze häufiger, auch wenn Wochen dazwischen liegen, sollte man vorsorglich den Tierarzt aufsuchen. Nur eine tierärztliche Untersuchung mit ggf. weitergehender Diagnostik (Labor, Röntgen, Ultraschall) kann andere mögliche Ursachen für das Erbrechen (z.B. Fremdkörper, Erkrankungen des Magen- und Darm-Traktes, Niereninsuffizienz) ausschließen.







Strategien zur Vorbeugung:

  • regelmäßiges Bürsten, bei Fellwechsel am besten täglich, bei Langhaarkatzen kann auch das Scheren von Fell erforderlich werden
  • Spezialfutter mit Zusätzen wie Flohsamenschalen (Hairball control) vermindert nach den Erfahrungen mancher Tierhalter die Haarballenbildung und reduziert die damit verbundenen Symptome wie Erbrechen und Husten. Diese positive Wirkung müsste durch weitere kontrollierte Studien belegt werden.
  • Verteilung der Futterration auf mehrere Mahlzeiten; möglicherweise wird durch öfteres Füttern kleiner Portionen die Haarballenbildung verhindert, weil kürzere Abstände der Nüchternphase - in der Nüchternphase fehlen im Magen die Muskelbewegungen - weniger Haare im Magen liegen bleiben bzw. an der Magenwand haften können. 
  • keine großen und eckige Kroketten verfüttern. Im vom Mark Morris Instiute veröffentlichten "Animal clinical nutrition - quick consult" ist in Kapitel 52 "Gastritis and Gastroduodenal Ulceration auf Seite 1029 zu lesen, dass bei Spezialfuttermitteln zur Reduzierung der Haarballenbildung Größe und Form der Kroketten eine wesentliche Rolle spielt. Man bezieht sich auf eine Studie aus dem Jahr 2003, wonach dreieckige Kroketten im Vergleich zu runden eine bedeutend längere Verweildauer im Magen hatten. Diese Studie untersuchte aber nicht den möglichen Einfluss der Krokettengröße und ihrer Form auf die Haarballenbildung, sondern den Magen-Darm-Transit von Trockenfutter. Ob tatsächlich Form und Größe der Kroketten die Haarballenbildung beeinflussen, wurde bisher in keiner Studien untersucht.
  • Nassfutter; gegenüber Trockenfutter ist die Verweildauer von Nassfutter im Magen kürzer. Durch die Fütterung von Nassfutter könnte vielleicht auch die Haarballenbildung vermindert werden(meine persönliche Meinung, nachdem ich mich mit der Magenentleerung der Katze beschäftigt habe)
  • Malzpaste
  • beim Tierarzt erhältliche Spezial-Gele ( s. Tabelle)
Name Zusammensetzung Inhaltsstoffe (%) Zusatzstoffe Hersteller
Bezo-pet Sojaöl, Malz, Dex-
trose, Zuckerrohrme-
lasse, Fischöl, Propylen-
glykol
Rohfett 25,7
Rohasche 0,06
Rohprotein 0,0
Rohfaser 0,0
Rohrzucker 0,0
Konservierungsmittel Vétiquinol
Felistro Hair Wasser, Öle, Fette
Malzextrakt, Zucker,
Melasse, Natriumacetat
Feuchtigkeit 35
Rohfett 23,7
Rohasche 1,5
Rohprotein 1,1
Rohfaser <0,2
Xanthangummi
Kieselsäure
Propylenglykol
Farbstoffe
Konservierungsstoffe
IDT Biologika
Laxativ Malzsirup, Karamell Rohfett 40
Rohfaser 0,9
Rohasche 1
Rohprotein 2,4
Aroma
Akaziengummi
Kaliumsorbat
Vitamin E
cp-pharma
Petvital
Catlax-Gel
Öle, Fette, pflanzliche
Nebenerzeugnisse
Rohfett 82%
Rohprotein 2,0%
Rohasche 4,5%
Rohfaser 0,1%
Vitamin E Canina-Pharma
 























Therapie bei Haarballen

  • Verabreichung der Spezial-Gele für mehrere Tage in einer höheren Dosis
  • Paraffinöl (nach Absprache mit dem Tierarzt); nicht mit der Spritze verabreichen, da durch versehentlich in die Bronchien gelangtes Öl eine Entzündung der Lungen (Lipidpneumonie) entstehen kann; keine längerfristige Gabe, da die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen und NÄhrstoffen vermindert wird. Längerfristige Paraffingabe kann zu Verstopfungen führen.
  • Medikamente zur Förderung der Magenentleerung (Wirkstoffe Metoclopramid, Cisaprid)
  • Behandlung der Folgeerscheinungen wie z.B. Magengeschwüre, sekundäre Pylorushypertrophie (übermässige Ausbildung des Magenpförtnermuskels) mit Einengung des Magenausgangs (Haarballen fördern die Ausschüttung des Hormons Gastrin. Die ständige Gastrinsekretion kann Magengeschwüre und eine Pylorushypertrophie verursachen
  • endoskopische oder operative Entfernung von Haarballen. 

Zusammenfassung

Haarballen:

  • kommen bei Langhaarkatzen häufiger vor als bei Kurzhaarkatzen
  • werden bei den meisten Katzen über Magen und Darm mit dem Kot ausgeschieden
  • können für Katzen unangenehm und lebensgefährlich sein: sie liegen ihr im wahrsten Sinne des Wortes schwer im Magen, Würgen und Erbrechen beeinträchtigt ihr Allgemeinbefinden; ein teilweiser Verschluss von Magen, Darm oder Speiseröhre ist lebensbedrohlich
  • werden von manchen Katzen erbrochen; häufiges Erbrechen ist nicht immer ein "normaler" physiologischer Vorgang, weil auch Erkrankungen oder Störungen der Magen- und Darmmotilität hierfür Ursachen sein können
  • können durch Spezialfutter (Hair Controll) minimiert werden, diese Wirkung müsste durch Studien belegt werden.







Quellen:

LJ Armbrust et al. „Gastric emptying in cats using foods varying in fiber content and kibble shapes“, Vet Radiol Ultrasound – 2003 May-Jun; 44 (3): 339-43)
Cannon, Martha “Hair Balls in Cats” Journal of Feline Medicine and Surgery (2013 15, 21-29
A.C.Beynen et al. „Clinical Signs of Hairballs in Cats fed a diet enriched with cellulose” American Journal of Animal and Veterinary Sciences 6 (2): 69-72, 2011
Justin R. Dann et al. “A potential nutritional prophylactic for the Reduction of Feline Hairball Symptoms” American Society for Nutritional Sciences J.Nutr.134: 2124S-2125S,2004
JM Goggin JM et al “Scintigraphic assessment of gastric emptying of canned an dry diets in healthy cats” Am J Vet Res. 1998, Apr; 59 (4): 388-92
M. Horzinek, Vera Schmidt, Hans Lutz: Krankheiten der Katze, 4. Auflage
Löscher, Ungemach, Kroker “Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren“, 8. überarbeitete Auflage; Enke-Verlag
Moritz, Kraft, Dürr „Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin“, 3. Auflage, Schattauer





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