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  Der Siegeszug
 
Wieder geduldet



In ländlichen Gebieten war es im 17. Jahrhundert Pflicht, eine Katze auf dem Hof zu halten – wie sollte man auch sonst der vielen Mäuse und Ratten Herr werden? Eine enge Bindung zwischen Menschen und Katzen entstand aber nicht. Die Katze war Mäuse- und Rattenfänger – mehr nicht.


Im 18. Jahrhundert änderte sich bei den Stadtmenschen die Einstellung zur Katze:
Es gab viele Mäuse und Ratten. Und vor allem die Ratten waren eine Gefahr für den Menschen, weil sie  schlimme Seuchen übertrugen.
Der "Schwarze Tod", wie die Pest auch genannt wurde, kostete in Europa vielen Menschen das Leben. Die Ratten mussten vernichtet werden; die Frage war nur wie. Zunächst versucht man es mit der chemischen Keule. Doch das war nicht unproblematisch, denn das Gift gefährdete auch die Menschen und hatte zudem nicht den erwünschten Erfolg: die Ratten vermehrten sich trotzdem.

In diesen Momenten erinnerte man sich wieder an den besten Mäuse- und Rattenfänger, den es gab: die Katze.




Die Geschichte wiederholte sich:
Wie im Alten Ägypten half sie dem Menschen der Nagerplage Herr zu werden. Sie war wieder gern gesehen: auf Schiffen, in Lagernhäusern, Kirchen - bei den Menschen.

Und wie immer leistete sie gute Arbeit:
Erhard Oeser schreibt in seinem Buch „Katze und Mensch“, dass der Rekord an Beute bei 7.000 Mäusen oder ungefähr 3.500 Ratten im Laufe eines Jahres lag – wohlgemerkt für eine Katze!




Das Image ändert sich

Der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon (1707-1788) beschreibt in seiner „Naturgeschichte für Vierbeiner“ ( Histoire naturelle des quadrupèdes) die Katze als ein egoistisches Wesen und gibt ganz eindeutig dem Hund den Vorzug:
"Die Katze ist ein treuloses Tier und im Hause nur geduldet, um Tiere zu vertreiben, welche uns noch lästiger sind. Obschon Katzen in der Jugend von artiger und pssierlicher Luftigkeit sind, so tritt doch schon ihre angeborene List, ihr falscher Charakter hervor, der sich mit jedem Tage immer mehr und mehr entwickelt und durch Erziehung sich nicht beseitigen läßt. Sie sind dem natürlichen Hange nach zum Diebstahl geneigt, die este Dressur vermag nur sie zu servilen, schmeichlerischen Räubern zu bekehren; denn wie alle Sklaven verstehen sie ihre Intentionen zu verheimlichen und den Augenblick abzuwarten, sich auf ihre Beute zu stürzen, der Strafe zu entgehen und sich so lange fernzuhalten, bis die Gefahr vorüber ist.
Sie bequemen sich leicht den Gewohnheiten der Menschen an, ohne sie anzunehmen, von Anhänglichkeit haben sie bl0ß den Anschein, wie schon aus der kriechenden Art ihrer Bewegungen und der Doppeldeutigkeit ihrer Blicke ersichtlich ist. Die Katze sieht ihrem besten Freunde nicht ins Gesicht, selbst wenn sie durch gewissen Kundgebungen ihre Anhänglichkeit für denselben beweist, scheint sie dessen Liebkosungen, welche ihr mehr lästig als angenehmen sind, nur aus Furch oder Falschheit zu dulden.
Sehr verschieden vom treuen Hunde, dessen Gefühle sich alle seinem Herrn zuwenden, scheint die Katze nur für sich selbst zu fühlen, nur an sich selbst zu denken, nur bedingsweise den Menschen zu lieben und in seiner Gesellschaft zu weilen, um sie in egoistischer Weise zu missbrauchen. Diese Eigenschaften sind allerdings den menschlichen verwandter als die des Hundes, der in seiner vollen Aufrichtigkeit entschieden das Gegenteil ist."
(Zitat: Pol Sackarndt „Katzen“ Ausgabe 1930 Seite 61)
 
 

Das sieht der französische Schriftsteller und Politiker François-René de Chateaubriand (1768-1848) ganz anders. Er erhebt für die Katze seine Stimme und schreibt:
„Noch immer stehen einige Geschöpfe Gottes unter uns Menschen in Misskredit. Gerne wäre ich ihr Advokat. Unter den ersten, die meine Verteidigungsrede verdienten, sind der Esel und die Katze. – Ich liebe in den Katzen am meisten den unabhängigen Charakter, der fast an Undankbarkeit grenzt und es ihr ermöglicht, auf niemanden angewiesen zu sein, diese Unberührtheit, mit der sie durch die Salons zu den heimatlichen Dachtraufen steigt. Die Katze lebt allein. Sie bedarf keiner Gesellschaft und gehorcht nur, wenn es ihr gefällt, spielt die Schlafende, um besser beobachten zu können und kratzt alles, was sie kratzen kann. Buffon hat die Katze malträtiert, ich arbeite an ihrer Rehabilitation und hoffe, aus ihr ein geachtetes Tier zu machen.“
(Zitat Damjan/Schilling „Mau, Mao, Miau, Ausgabe 1969 Seite 214/215)

 

Auf der Zielgeraden



Der Aufstieg der Katze begann:
erst in Hofkreisen, dann beim Bürgertum. Sie wurde zur Muse von Schriftstellern und Malern. Nach und nach schlich sie sich wieder in die Häuser und die Herzen der Menschen und hatte nach der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert ihren festen Platz in der Familie und galt als Statussymbol.

Beim Menschen entstand der Wunsch nach schöneren und edleren Tieren; Katzen wurden gezielt vermehrt- man begann mit der Zucht.
Die erste Katzenausstellung der Welt wurde 1871 in London im Chrystal Palace durchgeführt. Der erste Katzenzuchtverein in England wurde 1887 (National-Cat-Club) und in Deutschland 1922 gegründet (1. DEKZV e.V. Nürnberg)

 
 






Die gefährliche Zeit war aber noch nicht vorbei. Anfang des 20. Jh. verringerte sich in Deutschland der Vogelbestand. Und wieder einmal war es die Katze, die verdächtigt wurde: dieses Mal als "Vogelmörderin"!

Bestimmungen wurden erlassen, wonach "umherstreifende Katzen zu beseitigen, Krähen abzuschießen und Sperlinge, wo sie im Übermaß auftraten, wegzufangen" waren.
(§ 1 der Dienstanweisung für den Hamburger Vogelwart von 1907, nachzulesen der Broschüre "100 Jahre Vogelschutz in Hamburg, Herausgeber Freie und Hansestadt Hamburg, Mai 2006).
Der Mensch jagte und tötete die Katze. 

Nach dem 2. Weltkrieg drohte in den zertrümmerten Dörfern und Städten eine Mäuse- und Rattenplage. Und es kam so, wie wir es aus der Geschichte her kennen:
die Katze erfüllte wieder ihre Aufgabe und liquidierte die Nager.

 

Seitdem hält der Siegeszug der Katze an, das Zusammenleben zwischen Mensch und Katze ist harmonisch. Hiervon profitieren beide Seiten: die Katze, die ein sorgloses Leben führen kann, und der Mensch, der sich am Spiel, der Lebendigkeit dem Dasein der schnurrigen Stubentiger erfreut. Wissenschaftler haben festgestellt, dass das Zusammenleben mit einer Katze auch eine therapeutische Wirkung haben kann:
schnurrende Katzen können den Blutdruck senken, Stresssymptome und Schlafstörungen mindern.

Wir können also froh sein, dass die Katze widerstandsfähiger als ihre Ahnen war:
trotz "sinnlosem" Morden und Töten durch den Menschen ist die Familie "Felidae" nicht ausgestorben. Sie lebt weiter - friedlich - zusammen mit uns Menschen - in einzigartiger Beziehung.

Ergreifen wir dankbar die uns gereichte Pfote zur Versöhnung!


Bildnachweise:

Tanz mit dem Tod von Holbein
s. Bildquelle von Ellywa
Schwarze Ratte
s.Bildquelle von Rathather
Porträt von Buffon
s. Bildquelle von Magnus Manske
Porträt von Chateaubriand
s. Bildquelle von LadylynGrey
Erste Katzenausstellung - Zeitungsausschnitt
s. Bildquelle von Martin Bahmann
Katze beobachtet Vögel
s. Bildquelle von Dlhage Creative Commons Lizenz SA/3.0.de




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